Featuritis bei CAD-Systemen

Featuritis bei CAD-Systemen

Ich bin Maschinenbauingenieur und verdiene als solcher meine Weggli. Und auch bei den Maschinenbauingenieuren ist, nachdem sich viele noch jahrelang ans Zeichenbrett geklammert haben, die „Informationstechnologie“ so langsam angekommen, man konstruiert am Rechner auf CAD-Systemen.

Dummerweise gibt es aber mindestens zehn gängigere „Mainstream-CAD-Systeme“ und jedes davon will mit keinem der anderen so richtig zusammenarbeiten. Und eigentlich wollen sie auch nicht mit ihren eigenen älteren Versionen zusammenarbeiten. Will man also für einen Kunden einen Auftrag erledigen, so braucht man genau dessen CAD-System in genau dessen Version.

Deshalb sollte ich eigentlich, um „mithalten“ zu können, wie viele meiner Kollegen oder Mitbewerber, bei einem der vielen „CAD-Systemhäuser“ das für den jeweiligen Auftrag geforderte „Mainstream-CAD-System“ nebst Windows-7-Rechner „käuflich erwerben“. So etwas in der Richtung habe ich auch schon mal gemacht.

Und weil es so viele CAD-Systeme gibt und die sich ja auch verkaufen müssen, muss ein CAD-System natürlich „Features“ haben, die alle anderen nicht haben, und deshalb müssen alle Hersteller jährlich neue Features in ihre CAD-Systeme packen, die dann alle anderen in der nächsten Version auch haben. Weil das natürlich bezahlt werden muss ist für alle CAD-Systeme eine jährliche „Wartungsgebühr“ zu entrichten, die in etwa einem Monatseinkommen entspricht. Hätte ich also, um möglichst viele Kundenaufträge bearbeiten zu können, alle gängigeren CAD-Systeme verfügbar, könnte ich wunderbar das ganze Jahr nur für die Wartungsgebühren arbeiten.

Da ich ja auch schon im Jahr zuvor ohne all die schönen neuen Features meine Arbeit mit eben dem CAD-System erledigen konnte, habe ich in den allermeisten Fällen nicht unbedingt auf dieses oder jenes schöne neue Feature gewartet. Eigentlich brauche ich sie nicht. Im Rahmen des Wartungsvertrages bezahlen muss ich sie aber. Und vor allem machen sie das CAD-System alljährlich fetter und anfälliger.

Vor zehn Jahren konnte man auf einem Rechner mit einigen 100 Mhz Baugruppen mit einigen tausend Teilen einigermaßen flüssig bearbeiten. Heute kann man mit einem Rechner mit vier Kernen Baugruppen mit einigen tausend Teilen einigermaßen flüssig bearbeiten, hat aber viel mehr Möglichkeiten, das gleiche zu machen wie vor zehn Jahren.

Da die schönen neuen Features offensichtlich auch unter Zeitdruck entwickelt werden, reifen neue Versionen dann erstmal beim Kunden. Nutzt man also immer gleich die neueste Version kann es deshalb zu „unerwarteten Effekten“ im Arbeitsablauf kommen.

Kein Wettbewerb verhindert Innovationen, siehe Microsoft. Aber zu viel Wettbewerb treibt auch manchmal merkwürdige Blüten.

- es ist keine Bildbeschreibung verfügbar -A propos: So etwas in der Richtung habe ich auch schon mal gemacht: Einige Jahre habe ich tatsächlich versucht, diesen Update“wahnsinn“ mitzumachen. Irgendwann habe ich mich dann für ein CAD-System entschieden, und das ist keines mit „Wartungsgebühren“ in Höhe eines Monatseinkommens. Auch dieses System wird natürlich weiterentwickelt, allerdings nicht ausschließlich mit Blick auf den Wettbewerb, sondern mit sinnvollen Arbeitserleichterungen und vor allem mit Hauptaugenmerk auf die Stabilität. Damit kann man dann tatsächlich auch auf einem nicht mehr ganz neuen Rechner Baugruppen mit zehntausend Teilen bearbeiten.

Und es funktioniert auch unter Linux. Ein schnelles, stabiles, nicht überladenes CAD auf einem schnellen und stabilen Betriebssystem. Eine Kombination, die ein entspanntes Arbeiten ermöglicht wie es wohl die wenigsten Konstrukteure aktuell kennen dürften.

www.varicad.de